Interview mit dem Wassersommelier Armin Schönenberger
Ein Sommelier oder eine Sommelière wird klassischerweise mit Wein in Verbindung gebracht. Mittlerweile gibt es aber auch die Spezialisierung auf Bier, Whiskey, Käse – und sogar Wasser! Wir haben den Wassersommelier Armin Schönenberger etwas gelöchert, um mehr über diesen Beruf zu erfahren – und Armin wusste tatsächlich allerlei Interessantes über Wasser und Wein zu erzählen…
Weinwonne: Armin, du bist Wassersommelier…ernsthaft?
Die Ausbildung zum zertifizierten Wassersommelier und Wasserbotschafter bei der Doemens Akademie in München Gräfelfing konnte ich im Februar 2012 mit Bravour absolvieren und bin seitdem auch Mitglied der Wassersommelier Union Deutschland. Hierzu bin ich als Botschafter auf Messen, mit Vorträgen sowie in der Fachpresse mit eigenen Expertisen zum Thema „Mineralwasser aus der Region – Wasser weltweit“ ständig in der Kommunikation zu diesen Themen aktiv.
Es geht mir ganz sicherlich nicht darum, in einem Verkostungsmarathon ein wandelndes Wasserlexikon, sondern vielmehr Berater des Vertrauens zu sein, welcher mit Kompetenz und Erfahrung Zusammenhänge, Auswirkungen und geschmackliche Empfindungen beschreiben kann und es auch tut.
Wasser ist Wasser, mögen einige vielleicht sagen. Wo liegen für dich die großen Unterschiede? Und gibt es beim Wassertrinken so etwas wie Genuss?
Nun, die Entwicklung zum beliebtesten Erfrischungsgetränk der Deutschen hat Mineralwasser mit einem Pro-Kopfverbrauch von 145 Litern im Jahr schon einmal geschafft. Ich denke nicht, dass Wasser gleich Wasser ist, die Ansprüche der Konsumenten lassen das ja erst gar nicht zu. Nimm doch einfach mal die Kriterien Ursprünglichkeit, Natürlichkeit, Reinheit und Authentizität.
Mineralwasser aus tiefen Brunnen, das einen langen Weg durch hunderte und tausende von Jahre alten Gesteinsschichten zurückgelegt hat, unbeeinflusst von den Umweltsünden des industriellen Zeitalters, rein und pur, erfreut sich in diesem Zusammenhang schon einer ganz anderen Beliebtheit als ein Tafelwasser, für das keine amtliche Anerkennung vorliegen muss, das oftmals aufbereitetes Leitungswasser beinhaltet und das mit Mineralien, Solen und Kohlensäure künstlich versetzt werden darf.
Spätestens seit exklusives, in aufwändig gestalteten Flakons abgefülltes Wasser neben Champagner und ausgezeichneten Weinen in den Regalen vieler Supermärkten und Hotelbars steht, ist uns doch auch klar: Mineralwasser ist nicht mehr bloß eine existenzielle Notwendigkeit, Mineralwasser ist auch Luxus! Mineralwasser hat seinen fixen Platz in der Riege der Premium- und Gourmetgetränke eingenommen, so dass pro Flasche schon Preise in der Gastronomie gezahlt werden, welche manche Winzer vor Neid erblassen lassen. Mineralwasser wurde von einem kostbaren Produkt im Sinne von wertvoll und lebensnotwendig, zu einem kostbaren Punkt im Sinne von ver -und auskostbar.
Die Abfüllung von Mineralwasser in Flaschen erlaubt es uns, Geschmacksnuancen zwischen Wasser aus unterschiedlichen Brunnen aus aller Welt zu genießen und heute z.B. mit exklusivem Regenwasser aus Tasmanien, goldgefilterten artesischen Quellen aus Kanada oder aber satinierten Flakons mit handsortierten Swarovski-Kristallen als Society-Wasser aus Tennessee zu vergleichen. Ob das nun besser oder schlechter ist, entscheidet Gott sei Dank immer noch der Käufer und Konsument.
Ich genieße die Vielfalt der deutschen Mineralwässer, denn davon gibt es reichlich…und ganz viel geschmackliche Abwechslungen bringen diese allemal mit sich.
Wenn ich das nächste Mal Wasser trinke: worauf sollte ich mal achten?
Vielleicht eher mal auf die Mineralität und die Herkunft des Wassers. Man kann das Wasser auf die Lebenslage abstimmen: wenn man bspw. sportlich unterwegs ist, sollte man darauf achten, dass das Mineralwasser auch viele Mineralien enthält. Wenn es um den Genuss mit Wein oder einer Kaffeespezialität geht, kann man zu einem ausgewogenen und niedrig mineralisierten Wasser greifen.
Dann die Herkunft: Vielleicht bedenken die Leute mal, dass es ökologisch totaler Schwachsinn ist, ein Wasser 1.200 km über die Alpen kommen zu lassen, um das gleiche Prickeln zu erleben wie durch die Vielzahl regionaler Produkte. Beim Wassertrinken sollten wir uns als ausgewiesene regionale Gourmets beweisen und keine ökologischen Trinkmarotten ausleben, indem wir auf der angeblichen besseren Verträglichkeit von internationalen Mineralwässern zu einem reifen Bordeaux beharren, sondern uns aus der Vielzahl von über 200 Mineralbrunnen in Deutschland und über 500 Mineralwassermarken bedienen.
Berätst du die Gastronomie oder wirst du für Veranstaltungen gebucht? Wie sieht ein typischer Arbeitstag eines Wassersommeliers aus?
Neben den bereits genannten Tätigkeiten biete ich im Rahmen meiner beruflichen Selbstständigkeit Tastings, Mineralwasserschulungen und Informationsveranstaltungen für interessierte Gastronomen und den Getränkefachgroßhandel an. Es gibt viele Themen in diesem Bereich, wie z.B. „Die Mineralwasserkarte in der Gastronomie“, „Besserer Service mit Mineralwasser“ und „Verkaufsförderungsmaßnahmen zum Thema Wasser und Wein oder Wasser und Kaffee“, aber auch Basiswissen zum Thema Wassersegmente und -produktgruppen für den Getränkefachgroßhandel. Auch Ernährungsberatung für besseres Trinken im Unterricht und an Schulen sowie am Arbeitsplatz gehört zu meinen Aufgaben. Schließlich bin ich noch als Dozent für dieses Thema bei der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Heilbronn Food, der Volkshochschule des Saarlandes und der Erwachsenenbildung des Saarlandes tätig.
Es wird langsam…ich mache es seit Anfang des Jahres 2016 und lebe davon, dass ich viele positive Multiplikatoren bei meinen Zuhörern und Kunden erreichen kann. Vielleicht bin ich mit diesen Dingen ein bis zwei Jahre zu früh dran… Es braucht ganz viel Zeit, aber das Interesse der Menschen ist riesig und ich bekomme sehr schöne und wunderbare Feedbacks nach meinen Vorträgen und Aktionen. Das lässt mich hoffen und motiviert auch weiterhin, diesem beruflichen Ziel folgen zu können und perspektivisch mit dieser Herausforderung immer mehr Menschen mit meiner Leidenschaft infizieren zu können. Meine Internetseite wird sehr gut besucht und ist auch eine schöne Plattform, um mehr über mich und meine Themen zu erfahren.
Wasser ist ja der typische Weinbegleiter. kannst du uns hier einen unschlagbaren Tipp für die nächsten Weinabende geben?
Wasser ist als Begleitung zum Wein schon immer gerne gesehen, da es über wenig Eigengeschmack verfügt. Doch nicht jedes Wasser schmeckt gleich; kleine Nuancen lassen uns bei der Kaufentscheidung zu einer ganz bestimmten Marke greifen – und das nicht ohne Grund.
Bei meinem Mineralwasser-Tasting werden die unterschiedlichen Nuancen verschiedener Mineralwässer identifiziert, Unterschiede herausgearbeitet, Inhaltsstoffe und ihre Wirkung auf den Geschmack und Organismus erklärt sowie die Eignung der verschiedenen Wässer als Begleiter zu Weinen, Kaffee, Whiskyspezialitäten oder Speisenabfolgen bestimmt.
Man schmeckt bei Wasser die Mineralität. Magnesium z.B. schmeckt vorrangig erst einmal leicht süßlich, wird im Nachgeschmack dann aber immer mehr säuerlich und fruchtig bitter. Calcium wiederum schmeckt kalkig, eher wie Kreide oder Gips. Es löst ein trockenes und bitteres Mundgefühl aus. Viel Calcium in einem Mineralwasser (mehr als 150 mg) lässt keine Nuancen eines Weines mehr durchkommen. Es schmeckt vor und neutralisiert nicht mehr.
Natrium ist eine wichtige Geschmackskomponente in einem Wasser – Salz ist ein Geschmacksträger. Jedoch im Genuss mit einem Wein, welcher fruchtige und trockene Nuancen mit sich bringt, oder der im Barrique gereift ist, ist natriumhaltiges Wasser ( mehr als 20 mg Natrium) vollkommen unpassend und vorschmeckend.
Generell rät man von stark sprudelnden Mineralwässern zum Wein ab. Die den Rotwein charakterisierenden Gerbstoffe, die Tannine, vertragen sich nicht unbedingt mit der Kohlensäure. Diese lässt den Wein bitter aufsetzen. Auf der Zunge entsteht ein pelziger Geschmack, der den Genuss trüben kann. Auch die feinen Nuancen eines Weißweins leiden unter begleitender Classic-Kohlensäure.
Was für den Wein gilt, trifft auch auf Essen zu: Keine stark kohlensäurehaltigen Mineralwässer zum Menü! Während sich kräftige Speisen wie geschmortes oder gebratenes Fleisch mit dunklen Saucen gut gegen Mineralwässer mit einem hohen Mineralstoffanteil behaupten können, ist bei zarten Geschmacksnuancen Zurückhaltung angesagt. Als Begleitung zum Dessert sollten Feinschmecker besonders darauf achten, dass das Mineralwasser möglichst natriumarm ist.
Welches Wasser zu welchem Wein?
- trockener und halbtrockener Weißwein: leicht perlendes oder stilles Wasser
- (edel-)süße Weißweine: kohlensäurehaltiges Wasser
- Rotwein (mit oder ohne Barrique): stilles Wasser
Generell gilt: Je ausgewogener, aber niedriger die Mineralisierung des Wassers ist, desto besser passt es zum Wein!
Und zum Schluss noch eine kleine Wasserkunde
Ein Wasser ist:
- magnesiumhaltig: >50mg/L
- natriumhaltig: >20mg/L
- sulfathaltig: >200mg/L
- calciumhaltig: >150mg/L
- chloridhaltig: >200mg/L
- bicarbonat-/hydrogencarbonathaltig: >600mg/L
Danke Armin für das Interview!
Nähere Informationen zu Armin Schönenberger und seinen Aktivitäten im Bereich Mineralwasser findet ihr unter www.wassersommelier-arminschoenenberger.de
Habt ihr besondere Erfahrungen im Bereich Wasser und Wein gesammelt? Was ist Euer Lieblingswasser zum Wein? Wir freuen uns über Kommentare!
Wasser ist Lebenselexier – aber als Weintrinker kann man es auch mit den Drei Peheiros halten:
„Wasser ist zum Waschen da…
…doch kein Mensch kann so tief sinken
und das Wasser einmal trinken
Das weiß doch jeder Tor
nur der Wein schmeckt nicht nach Chlor…“
Das als kleine Spaßzugabe.
Im Mittelalter war Wassertrinken wegen Typhus usw. sogar gefährlich. Deshalb wurde Wein und Bier auch schon an Kinder ausgeschenkt, wenn sie Durst hatten. Da kann man mal sehen, wie sich die Zeiten geändert haben.
Gruß,
Holger Casselmann
…schön 🙂
Ja, das ist wirklich verrückt und interessant. Gibt da teils auch unterschiedliche Meinungen (hier z.B. ein interessanter Aufsatz: http://blog.histofakt.de/?p=856), aber es soll wohl tatsächlich Phasen und Gegenden gegeben haben, in denen Wasser zumindest suspekt war 🙂 ich erinnere mich da noch an ein entsprechendes Geschichtsseminar an der Uni, das ich damals mit großem Erstaunen verfolgt hatte.
Man kann es auch mit Goethe halten: „DAS WASSER ALLEIN MACHT STUMM, DAS BEWEISEN IM WASSER DIE FISCHE, DER WEIN ALLEIN MACHT DUMM, DAS BEWEISEN DIE HERREN AM TISCHE. DAHER, UM KEINES VON BEIDEN ZU SEIN, TRINK´ ICH WASSER VERMISCHT MIT WEIN.“
https://weinwonne.de/2015/01/28/das-weinzitat-der-woche-2/