Interview mit Susanne Schick, rheinhessische Bio-Winzerin und Riesling-Fan

Wir waren wieder unterwegs, wieder ein Bio-Weingut und zwar ein sehr schönes: Das Weingut Adolf Schick in Jugenheim/Rheinhessen. Klingt oldschool, aber der Name trügt: Geleitet wird das Weingut von Susanne, der Enkelin des Namensgebers, der Anfang des 20. Jahrhunderts den rheinhessischen Mischbetrieb mit Ackerbau und Viehzucht komplett auf Weinbau umgestellt hat.

Die Sonne lacht über dem kleinen Dörfchen Jugenheim und der große Hof nimmt auf beiden Seiten einer kleinen Seitenstraße nahezu den gesamten Platz ein. Wetter, Farben, Architektur und wahrscheinlich auch die Vorfreude auf einen guten Tropfen sorgen für einen mediterranen Flair – fast schon schade, dass die Weinprobe und Plauderei drinnen stattfindet.

Susanne Schick

Wie sind wir zu diesem Weingut gekommen? Neben der Tatsache, dass hier ausnahmsweise mal eine Winzerin im Vordergrund steht, hat uns auch die Geschichte des Weingut Schick neugierig gemacht: Seit 1590 soll die Familie bereits Weinbau betreiben… Darauf angesprochen, erzählt Susanne, dass es entsprechende Erwähnungen in alten Kirchenbüchern gab, aber eine kontinuierliche Tradition freilich nicht wirklich nachverfolgt werden könne. Sie hätte uns ja auch sonstwas erzählen können, diese Ehrlichkeit hat aber auf jeden Fall Sympathiepunkte gebracht.

Aber noch eine Sache hat unsere Aufmerksamkeit geweckt: Das Weingut Schick in Jugenheim (es gibt wohl noch ein paar andere Weingüter mit diesem Namen in Deutschland) hat eine Vielzahl an Weinen zu echt tollen Preisen im Angebot – und ist dabei nicht nur Bio, sondern zählt auch zu den Weingütern, die im noblen Gault Millau erwähnt werden sowie von der DLG (Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft) zu den 50 besten Weingütern Deutschlands gewählt wurden. Interessante Kombi. Insgesamt haben wir 48 verschiedene Weine gezählt (ohne Sekt), die meisten sind wirklich bezahlbar…los geht’s preislich bei 3,80 €.

Schick und bodenständig

Auf jeden Fall wurden wir sehr offen und freundlich empfangen worden. Susanne lacht viel und erweist sich als sehr aufmerksame Gastgeberin. Seit 1996 ist die ausgebildete Weinbautechnikerin voll im Familienbetrieb tätig und leitet es heute. Im Jahr 2007 hat das Weingut Schick auf Bio umgestellt, aber schon zuvor – wie es scheinbar häufiger der Fall ist – wurde ökologischer Weinbau betrieben, nur eben ohne Zertifikat. Und klar habe man sich für Ecovin entschieden, da es eben der Verband für ökologischen Weinbau sei. Zudem ist der Ecovin-Verband Rheinhessen mit 41 Mitgliedsbetrieben der größte in Deutschland.

Das Weingut wirkt sowohl von außen als auch von innen wie die schönen ländlichen Betriebe, die man aus älteren Reiseführern kennt – so gesehen also schon noch oldschool. Hat dadurch schon einen gewissen Charme. Ist zumindest etwas ganz anderes als die neuen Glaspaläste und antikisierten Gebäude, die viele größere Weingüter als Vinothek o.ä. errichten, um ihre hochpreisigen Weine an die betuchte Kundschaft zu bringen. Beim Weingut Schick gibt’s kein Tamtam, aber es ist schön und gemütlich hier und alles wirkt irgendwie authentischer.

Bio-Weingut Schick: Riesling und Burgundersorten dominieren

Der Betrieb bewirtschaftet rund 12 Hektar um Jugenheim, auf denen Riesling, Weißburgunder, Grauburgunder, Chardonnay, Kerner, Scheurebe, Faberrebe (aus deren Trauben i.d.R. Saft wird), Spätburgunder, Schwarzriesling, Regent, Dornfelder, Portugieser, St. Laurent, Cabernet Mitos und Acolon (eine relativ junge Züchtung aus Dornfelder und Lemberger, tiefdunkel, nicht so kirschig, sondern eher würzig, wie Susanne erklärt) wachsen. Heidenei, ziemlich viele Weine. Und ein paar davon haben wir durch unsere Laiengaumen fließen lassen – und nebenbei Susanne ein paar Fragen gestellt.

Weinwonne: ihr habt ja als eingesessener Familienbetrieb vor einigen Jahren auf Biowein umgestellt. Wie war die Resonanz eurer Kund*innen auf die Bio-Umstellung bzw. Bio-Zertifizierung?

Susanne Schick: Wir haben fast nur Privatkunden, die teils schon seit Generationen bei uns Wein kaufen. Denen war es ziemlich egal bzw. wußten die schon vorher, dass wir naturnah arbeiten. Aber wir haben neue Kunden gewonnen, die speziell Ökoweine kaufen wollen. Also für Neukundenwerbung war das gut.

Weinwonne: Wie läuft das: kommen die alle hier vorbei oder vertreibt ihr auch viel über das Internet?

Susanne Schick: Über das Internet läuft weniger, wir haben ja keinen Shop, nur eine Auflistung unserer Weine im Internet. Die rufen entweder an und ich schicke die Bestellung per Spedition oder Post raus oder sie kommen persönlich vorbei. Aber unsere Kunden kommen schon aus ganz Deutschland, von Hamburg bis München. Es wird schon viel direkt abgeholt. Wir haben hier im Ort noch ein kleines Hotel mit Restaurant, sodass viele Leute hier bei uns eine Weinprobe machen, Wein kaufen und dann im Hotel essen und übernachten können. Wir liegen auch schön zentral in Rheinhessen, sodass ein Aufenthalt bei uns auch gerne für Besichtigungen und Ausflüge genutzt wird. Außer im Dezember, da machen wir grundsätzlich keine Weinproben.

Weinwonne: Warum denn das?

Susanne Schick: Wegen dem Weihnachtsgeschäft. Im Dezember kaufen alle Leute Wein, weil sie an Weihnachten gut essen und trinken wollen – und dann Sekt für Sylvester. Da haben wir sehr viel zu tun, das ist das Hauptgeschäft für uns. Ja, Weihnachten ist die Hölle los bei uns.

Weinwonne: Echt? Wären wir jetzt gar nicht drauf gekommen…ist vielleicht auch so ein Generationending?

Susanne Schick: Ja, also, das merken wir auch, dass die jüngeren Leute mehr probieren und nicht nur bei einem Weingut bleiben. Aber trotzdem ist Weihnachten noch etwas besonderes: Da gibt es viel Besuch und entsprechend viele Gedanken werden sich um die Weinauswahl gemacht. …so, es soll ja nicht nur Wasser geben… (Susanne steht lachend auf und holt die ersten Flaschen)

Riesling Weingut Schick Jugenheim

Wir fangen mal mit dem Literwein an, Riesling trocken (4,50 €).

Weinwonne: der hat schon mal ein sehr fruchtiges Bouquet mit einem frischen Pfirsichduft. Schmeckt recht süß für einen trockenen Riesling und das Aromenduell hat eindeutig die Zitrone gegen den Pfisich gewonnen, auch wenn letzterer nicht völlig von der Bildfläche verschwunden ist. Aber kein Stück bitter oder säuerlich. Wir finden, dieser Riesling hat eine recht unaufdringliche, weiche Säure, was ihn zusammen mit der fruchtigen Süße ziemlich süffig macht. Während Christophe ihn für den perfekten Schoppenwein hält (weil er ihn nicht kräftig genug findet), würde ich ihn solo trinken – als prickelnde Limonadenalternative (was überhaupt nicht negativ gemeint ist).
Also, der ist lecker und ziemlich zitruslastig, oder? Und recht säurearm?

Susanne Schick: Ja, absolut. Wobei das Säureniveau eigentlich normal ist – aber der Rheingauer Riesling hat natürlich mehr…

Weinwonne: Ist Riesling die meistnachgefragte Rebsorte bei euch?

Susanne Schick: Nein, die Burgundersorten gehen unheimlich gut, v.a. Weißburgunder, Grauburgunder und Chardonnay.

Weinwonne: Hast du eine Lieblingsrebe? Ja, Riesling!

Weingut Schick Jugenheim
Schicker Typ mit Weinkatalog…


Weinwonne:
Ihr habt ja ziemlich viele Weine im Programm. Wie wählt ihr denn eigentlich eure Rebsorten aus: Nach Ertrag, persönlichen Vorlieben oder aufkommenden Trends?

Susanne Schick: Ach, ein großer Teil steht ja schon lange, manche Weinberge sind 25 bis 30 Jahre alt. Aber wenn wir mal was neu pflanzen, dann schau ich schon, was gerade gut läuft und wir zu wenig haben. Aber da planst du dann für die nächsten 25 Jahre und die ersten drei Jahre bringt ein neuer Weinberg ja auch keinen Ertrag. Zuletzt haben wir bspw. Spätburgunder, Riesling und Grauburgunder neu angelegt. Und in diesem Jahr werden wir neuen Müller-Thurgau und im nächsten Jahr dann nochmal Riesling anpflanzen. Und dann hatten wir vor einiger Zeit den Cabernet Mitos gesetzt – das ist ja einer von den drei Cabernet-Neuzüchtungen: Cabernet Mitos, Cabernet Dorsa und Cabernet Dorio. Als wir den damals gepflanzt hatten, war das noch eine Versuchsanlage, also der war noch nicht für den Markt zugelassen und hatte auch noch gar keinen Namen.

Weinwonne: Du bist Kellermeisterin.. Heißt das, du kümmerst dich hauptsächlich um den Ausbau des Weines? Habt ihr die Arbeiten aufgeteilt, wie läuft das genau bei euch?

Susanne Schick: Ja, ich habe Weinbautechnikerin in Bad Kreuznach gelernt. Aber ich habe 2 Mitarbeiter, einer kümmert sich um den Weinberg, das macht der schon seit 30 Jahren, der andere hilft bei allem, was so anfällt, Weinberg, Keller, Kundenbetreuung usw. Ich mache eigentlich alles, was anfällt, raus in den Weinberg, biegen, Holz rausziehen, Trauben schneiden, füllen und natürlich den Weinkeller.

Weinwonne: Gerade im Weinbau ist es ja immer noch eher die Ausnahme, dass Frauen in maßgeblichen Positionen vertreten sind. Man hört ja immer wieder, dass der Weinbau ein eher konservativer Sektor ist. Spürst du noch irgendwelche Vorbehalte bzw. wie sind deine Erfahrungen?

Susanne Schick: Ne, gar nicht. Vor 20 Jahren, als ich die Ausbildung gemacht habe, waren wir zwei Frauen, das war problemlos. Wobei: Gestern Abend auf der Ecovin-Versammlung war ich die einzige Frau… (lacht) Aber das macht mir nichts.

Weinwonne: War Winzerin bzw. Kellermeisterin schon immer dein Traumberuf?

Susanne Schick: Naja, zuerst habe ich Gärtnerin gelernt und dann in Geisenheim angefangen, Gartenbau zu studieren. In der Zeit war mein Bruder im Betrieb, der ist auch gelernter Weinbautechniker. Dann hat es Unstimmigkeiten zwischen meinem Bruder und meinem Vater gegeben und die Frage kam auf, wie es mit dem Betrieb weitergeht. So bin ich dann reingerutscht: Ich habe mein Studium abgebrochen, eine Winzerlehre absolviert und dann die Techniker-Ausbildung draufgesetzt. So ist das gekommen…sonst wäre ich heute Gärtnerin…(lacht)

„Ich muss heute glücklicherweise nicht fahren…“ „Waaas? Natürlich fährst Du!“

Veltliner Weingut Schick Jugenheim

Weinwonne: So, es wird Zeit für den nächsten Wein , bevor die Kehlen austrocknen. Susanne holt einen trockenen Grünen Veltliner (5 €) hervor.

Susanne Schick: Der Veltliner wird relativ selten angebaut in Deutschland, den kennt man meist aus Österreich. Aber wir haben den schon seit den 1950er Jahren im Anbau. Früher wurde der hier lieblich ausgebaut, da ging die Nachfrage dann seit den 1990er Jahren aber stark zurück. Seitdem wir den trocken ausbauen, läuft der gut.

Weinwonne: Also nichts wie her damit…ich für meinen Teil habe noch nie einen Veltliner getrunken – Christophe natürlich schon, der Tausendsassa. Hm, interessant, ziemliches Kontrastprogramm zum Riesling. Der Grüne Veltliner schmeckt fruchtig und hat dabei auch eine würzige Note, die im Abgang ein wenig Schärfe entwickelt.

Susanne Schick: Ja, das ist schon was anderes. Wobei unser Veltliner mit 11,5 Volumenprozent ein eher leichterer Vertreter ist, ein angenehmer Tischwein. In Österreich machen die auch gerne richtig schwere Weine draus.

Weinwonne: Ach, leichter Tischwein klingt so deklassierend. Wir sind uns einig, dass dieser Veltliner lecker ist. Sag mal, uns ist aufgefallen, dass ein Großteil deiner Weine echt bezahlbar ist, gerade auch für ein Bio-Weingut. Wie stehst du zur Preisgestaltung von Weinen, manche Leute behaupten ja, dass man unter 10 oder 15 Euro keinen guten Wein bekommt…

Susanne Schick: Ich finde, Wein muss bezahlbar sein. Eine Flasche für sagen wir mal 19 Euro oder so würde ich persönlich auch nicht kaufen – auch wenn das im Einzelfall nachvollziehbar sein kann, weil entsprechend viel Arbeit drinsteckt. Aber das ist schon viel Geld.

Weinwonne: Aaaaber du hast ja auch einen Wein für 17 Euro und sogar einen für 25 Euro, wie in deinem Katalog vermerkt ist…

Susanne Schick: ja, aber das ist ja auch eine Trockenbeerenauslese und ein Eiswein (empörtes Lachen). Das ist ja auch richtiger Aufwand…

Weinwonne: (gönnerhaft) Ah, ja, ok. Macht ihr eigentlich Handlese oder setzt ihr Maschinen ein?

Susanne Schick: Wir haben immer mit der Hand gelesen, im letzten Jahr habe ich aber auch einen Teil mit der Maschine lesen lassen. Das ist halt ne Kostenfrage.

Weingut Schick Jugenheim
Noch ein kleeeiiines Schlückchen…

Susanne Schick: So, hier habe ich einen Weißburgunder Kabinett (5 €), unseren einfacheren Weißburgunder. Wir haben noch das alte System: QbA, Kabinett, Spätlese, u.s.w. Viele Weingüter haben ja mittlerweile die Kategorien Gutswein, Ortswein, Lagenwein…ist euch bestimmt auch schon mal begegnet, oder?

Weißburgunder Schick Jugenheim

Weinwonne: Yep. Und auch der Weißburgunder kommt recht süß und süffig daher. Und ziemlich weich.

Susanne Schick: Ja, unsere trockenen Weine sind fast alle nicht komplett durchgegoren und haben einen Restzuckergehalt von um die 6 Gramm…erlaubt sind ja bis zu 8.

Weinwonne: Mir schmeckt er ganz gut, während Christophe sich schon jetzt nach dem kräftigen Geschmack des Grauburgunders sehnt (Susanne verrät, dass Grauburgunder nicht gerade ihre präferierte Sorte ist- tja, so unterschiedlich sind die Vorlieben). Aber im Anschluss probieren wir noch zunächst einmal den deutlich alkoholreicheren Weißburgunder Spätlese (7 €).

Susanne Schick: Der ist gehaltvoller…

Weinwonne: hm, ja, der hat ein dichteres Bouquet und schmeckt ausgereifter. Der erste Weißburgunder war nicht schlecht, aber dieser hier ist besser! Liegt schön schwer auf der Zunge und entfaltet sich dominant im Mundraum. Dabei kommt auch eine alkoholische Note zum Vorschein, jedoch ohne fuselig zu wirken. Unter allem liegt ein feines Zitrusaroma. Der geht gut runter…

Weinwonne: Preisfrage zwischendurch: Schraubverschluss oder Korken?

Susanne Schick: Unsere Weißen haben mittlerweile alle Schraubverschluss, bis vor kurzem hatten die Spätlesen noch Korken. Ich finde Schraubverschluss super, vor allem in der Handhabung, aber auch wie sich die Weine halten. Die Rotweine sind bis auf einen noch alle ganz klassisch mit Naturkork verschlossen, das soll auch erstmal so bleiben. Ich finde, die reifen damit besser, aber so ganz genau weiß man’s ja auch nicht…

Weinwonne: Da sind ja noch ein paar Flaschen…wo steht nochmal der Grauburgunder ?

Susanne Schick: Der kommt…aber ihr müsst auch noch den 2014er Chardonnay probieren, den habe ich grad frisch abgefüllt.

Weinwonne: Klar, bring alles mit…

Susanne Schick: So, das ist jetzt hier die Grauburgunder Spätlese (7€). Grauburgunder hat mehr Schmelz als Weißburgunder und oft auch etwas honigartiges.

Weinwonne: Mmh, ja…ich bin einfach Grauburgunder-Fan… der ist schön kräftig.

Susanne Schick: och, das ist doch alles Geschmackssache. Aber ja, das ist ein Dicker

Weinwonne: Vorne frisch, hinten kräftig – eine gute Kombination, da sind wir uns einig. Wobei die vorangegangene Weißburgunder Spätlese in Sachen Dominanz womöglich leicht die Nase vorn hatte. Während der Weißburgunder schon kräftig auf der Zunge lag, entfaltet der Grauburgunder seine Schwere eher im Nachhall. Schon alles in allem eine runde Sache, wobei auf der Zungenspitze doch noch ein klitzekleiner Bitterton auftaucht. Aus diesem und anderen Gründen gefällt uns dann doch insgesamt die Weißburgunder Spätlese am besten, die Schwere und Geschmack in unseren Augen am besten vereint.

Weinwonne: So, uns würde auch noch der Schwarzriesling interessieren… bekommen wir ein Schlückchen?

Susanne Schick: Ja, klar. Ich habe den als Blanc de Noir und als Rotwein.

Weinwonne: Beides! Blanc de Noir wird ja meist aus Spätburgunder gekeltert, daher wollen wir den mal probieren. Und außerdem kommt uns ein Schwarzriesling (der nichts mit dem Riesling gemein hat, sondern vom Spätburgunder abstammt – und übrigens eine der drei Rebsorten ist, die für die Champagner-Herstellung zugelassen sind) im Alltag nicht so häufig unter.

Chardonnay Weingut Schick Jugenheim

Susanne Schick: Aber erst gibt’s den Chardonnay (5 €)…(daran kommen wir nicht vorbei, da ist Susanne hartnäckig)

Weinwonne: Chardonnay wird immer beliebter. Und auch in Deutschland immer mehr angebaut, oder?

Susanne Schick: Ja, der geht bei uns auch sehr gut. Der ist leichter und blumiger als bspw. ein Grauburgunder.

Weinwonne: Christophe erklärt, dass Schaddonnee, wie man in Rheinhessen so schön sagt, normalerweise überhaupt nicht sein Fall ist. Aber wir einigen uns darauf, dass wir ihn vorurteilsfrei probieren…riechen tut er schon mal gut und frisch und weckt somit Erwartungen. Klar, grad abgefüllt und entsprechend spritzig steht er da. Geschmacklich auch etwas ganz anderes als die zuletzt probierten Weine, fruchtig und süßer, trotz der immerhin 13 Volumenprozent – was für ein hier nicht näher bezeichnetes Redaktionsmitglied ein interessantes No-Go darstellt („da würd ich zuviel von trinken“). Insgesamt sind wir beide positiv überrascht – Vorurteile sind da, um abgebaut zu werden, gell.

Was ist der Unterschied zwischen einem Blanc de Noir und einem Weißherbst?

Blanc de Noir Schwarzriesling Schick Rheinhessen

Susanne Schick: Und hier der Blanc de Noir (5,50 €), auch frisch abgefüllt.

Weinwonne: also der schmeckt richtig gut, schön fruchtig und spritzig. Der ist sehr präsent im Mund, wenn man das so sagen kann. Hat eine angenehme Säure.

Susanne Schick: Ja, der 2014er-Jahrgang ist insgesamt etwas fruchtiger geworden und auch etwas leichter, zumindest bei uns. Das ist jetzt natürlich ein ganz frischer, junger Wein.

Weinwonne: Mal ne Frage: Was ist eigentlich der Unterschied zwischen einem Blanc de Noir und einem Weißherbst, sind doch beides rote Rebsorten, die weiß gekeltert werden, oder?

Susanne Schick: Die Farbe. Der Blanc de Noir ist ziemlich weiß, höchstens honigfarben. Und der Weißherbst ist schon rötlich. Die meisten roten Rebsorten haben ein grünes Fruchtfleisch, das weissen Saft abgibt. Der Saft, der ohne großen Druck abläuft, ist entsprechend weiß. Wenn du mehr Druck ausübst, sodass auch die Schalen beschädigt werden und Farbe abgeben, dann wird auch der Saft eingefärbt und wird rosa oder rötlich. Bei einigen neueren Rebsorten, wie dem Cabernet Mitos, die auf ihre tiefdunkle Farbe gezüchtet wurden – oder auch beim Dornfelder – , wäre ein Blanc de Noir nicht möglich, da die Beeren auch schon ein rötliches Fruchtfleisch haben.

Susanne Schick: Jetzt mal den Rotwein dagegen?

Weinwonne: Gerne. Also der Schwarzriesling Blanc de Noir hat uns schonmal gut gefallen.

Susanne Schick: Super. Ich stelle grad mal die Weißweine wieder kalt…

Weinwonne: Gutes Stichwort! Was meinst du wie lange sich geöffnete Weißweine im Kühlschrank halten, also noch gut trinkbar sind?

Susanne Schick: Oh, das kommt darauf an, ob sie ruhig liegen oder in der Tür stehen, die ständig auf und zu geht und die Weine dadurch durchgeschüttelt werden. Wenn die ruhig stehen oder liegen, dann kann man die noch 4 bis 5 Tage trinken.

Schwarzriesling Rheinhessen Schick

Sooo, hier ist jetzt der Schwarzriesling (5,20 €), aus dem Holzfass, wie all unsere Rotweine. Mein Vater hat schon viel für diese Rebsorte übrig gehabt.

Weinwonne: Der Schwarzriesling ist nicht tiefrot, hat aber eine schön schimmernde Farbe. Wunderbares, dichtes Bouquet, es riecht intensiv nach roten Früchten oder Beeren. Schmeckt auch sehr beerig, aber nicht ganz so marmeladig, wie er riecht. Der Schwarzriesling entwickelt tatsächlich im Nachklang einen holzigen Ton und sogar eine leichte säuerliche Note, die sich aber recht gut in die Fruchtaromen von dunklen Johannisbeeren und Kirschen einfügt bzw. deren typischem Geschmack entspricht. Und sogar eine kleine Vanillenote kommt durch. Bei diesem Schwarzriesling ist der Geschmack stimmig und daher gefällt er uns gut – eher leicht und frisch als schwer. Können uns vorstellen, dass dieser Rotwein auch leicht gekühlt ganz gut kommt.

Susanne Schick: Hier haben wir noch den St. Laurent (6 €), eine alte Rebsorte und im Weinberg eine richtige Diva. Im einen Jahr bringt sie gute Erträge und in den nächsten beiden Jahren hängt keine einzige Traube am Stöckchen.

Weinwonne: Na, dann sind wir ja doppelt gespannt…und der St. Laurent riecht auch gleich hochinteressant: holzig, würzig, schwer. Und das setzt sich geschmacklich fort. Ganz anders als der Schwarzriesling…unsere Meinung: ein spezieller Wein, der bestimmt super zu bestimmten Essen passen würde, sich als Gläschen für eine entspannte Runde aber weniger anbietet – höchstens spät am Abend im Ohrensessel mit qualmender Pfeife in der Hand. Aber nicht dass wir uns falsch verstehen: der St. Laurent schmeckt gut und rund, nur eben speziell. Wer dem eigenen Gaumen mal Abwechslung zukommen lassen möchte, sollte hier mal zugreifen.

Susanne Schick: Zum Schluss können wir noch den Cabernet Mitos (9 €) probieren, der ist im Barrique ausgebaut.

Weinwonne: Ja, da sind wir gespannt. Wir hatten kürzlich in Mainz einen getrunken, der war interessant, aber doch recht bitter.

Susanne Schick: Bitter? Oder gerbstoffbetont?

Weinwonne: Ähm…ja. Auf jeden Fall haben wir ihn so empfunden. Uns wurde gesagt, dass er noch zwei Wochen in der Flasche reifen müsste, dann sei das verschwunden, das war ein 2014er.

Susanne Schick: Ach. Den würde ich nie abfüllen, der ist viel zu jung, das muss ja nach hinten los gehen. Der braucht seine Zeit. Unser Cabernet Mitos ist von 2012 und den haben wir 2014 vor dem Weihnachtsgeschäft abgefüllt. Wenn wir jetzt einen 2014er probieren würden, dann ist der noch gerbig und hat auch noch keinen biologischen Säureabbau gemacht.

Weinwonne: der hat ein dichtes Bouquet und schmeckt gut, ja, ne ganz andere Nummer. Der Geschmack senkt sich ganz langsam ab und nimmt sich jeden Raum, den er kriegen kann. Schon ordentlich adstringierend (oho, ein Fachausdruck). Allerdings hat der am Ende doch auch eine kleine Bitternote, wenn auch viel weniger ausgeprägt als bei dem Wein, von dem wir es gerade hatten – würdest du jetzt sagen, das ist bitter oder das sind die Gerbstoffe?

Susanne Schick: Hm… (Susanne scheint mit unserer Einschätzung nicht einverstanden zu sein…)

Weinwonne: Wie ist das eigentlich in so einem kleinen Ort mit mehreren Weingütern: Kommt ihr gut miteinander klar oder gibt’s da große Konkurrenz?

Susanne Schick: Ne, eigentlich nicht. Wir machen auch alle etwas anderes: Während wir nur an Privatkunden verkaufen, machen andere bspw. nur Fasswein und wiederum andere sind viel auf Messen unterwegs oder machen Haustürgeschäfte.

Weingut Schick Jugenheim
Auch ein Fasswein, aber ein besonderer: Dieses Fass wurde zu Susannes Volljährigkeit schnitzenderweise verziert – eine Tradition der Familie

Weinwonne: Wie läuft das mit dem Fasswein? An wen verkaufen die ihre Fässer?

Susanne Schick: Die verkaufen keine Fässer, nur den Inhalt… Die Fasswein-Winzer produzieren auf Menge, die bekommen für einen Liter Riesling bspw. 1 Euro, für Bio-Riesling vielleicht 1,50 – da wird nur geschaut, welche Rebsorte das ist und ob der Wein fehlerfrei ist und die Mindestanforderungen erfüllt. Ob das dann letztlich ein QbA oder sogar eine Spätlese ist, ist völlig schnurz. Da kommt dann irgendwann ein Tanklastzug vorbei und pumpt den produzierten Wein ab. Das wird später von einer großen Kellerei, bspw. in Bingen, da gibt’s ein paar, mit Weinen von anderen Winzern verschnitten. Das ist dann der Rheinhessen Riesling, der im Supermarktregal für relativ wenig Geld steht. Das sind ja riesige Mengen, die in den Discountern verkauft werden, das können einzelne Betriebe gar nicht liefern. Naja, die Fasswein-Winzer sind eben darauf angewiesen, möglichst viel zu ernten – erlaubt sind ja bis zu 10.500 Liter pro Hektar. Wir haben bei uns dagegen einen Hektar-Ertrag von rund 5.000 Litern – das ist schon eine ganz andere Weinqualität. Ich mach mal ein Beispiel: Wenn ich meinen Spätburgunder mache, dann muss ich den Ertrag reduzieren, damit es einen gescheiten Wein gibt. Als Flaschenwein muss ich meinen Kunden einen Wein bieten, der eine schöne dunkle Farbe hat, gehaltvoll ist und insgesamt etwas darstellt. Würde ich jetzt Fasswein produzieren, erzeuge ich andere Trauben, die eben auch einen anderen Wein bringen, da wird einfach versucht, die größtmögliche Menge loszuwerden.

Im Anschluss zeigte uns Susanne noch das Weingut: eine alte Traubenpresse vor der Tür...
Im Anschluss zeigte uns Susanne noch das Weingut: eine alte Traubenpresse vor der Tür…
Wein Schick Rheinhessen
…und eine moderne Druckluftkelter in der Halle.
Der Rotweinkeller...
Der Rotweinkeller…
Weingut Schick Rheinhessen
…und moderne Stahltanks im Vorraum.
Susanne Schick Jugenheim
Susanne zwischen den großen geschnitzten Familienfässern.
Weingut Schick Jugenheim
Und unter dem Weingut befindet sich auch eine Schatzkammer: Der Raritätenkeller…
...hier lagern Weine aus den letzten Jahrzehnten...
…hier lagern Weine aus den letzten Jahrzehnten…
Weingut Schick Jugenheim
Susanne präsentiert das älteste Exemplar: ein Weisswein von 1911.

Ein schöner Ausflug, eine sehr nette Winzerin und eine ganze Reihe sehr unterschiedlicher Weine, von denen wir die meisten auf jeden Fall nochmal trinken würden. Unsere Favoriten des Tages waren eindeutig die Weißburgunder Spätlese und – mit kleinem Abstrich – der Schwarzriesling. Christophe konnte sich zudem ziemlich für den Blanc de Noir erwärmen („Top!“) und mir gefiel der Grüne Veltliner sehr gut sowie der Einstiegsriesling, der eine preiswerte und gute runde Sache für einen schönen Sommertag ist. Vor lauter lauter haben wir glatt vergessen, den Acolon zu probieren, auf den wir anfangs so neugierig waren. Egal, kommen wir eben irgendwann nochmal. Lohnt sich nämlich…

Weitere Infos zum Weingut Schick in Jugenheim findet ihr hier.

Alle Bilder: Weinwonne