S-LOW Rotwein ohne Schwefel – schmeckt das?

Gerade herrscht ja Flaute. Leider nicht in der Welt, aber doch auf unserer Seite. Sommerloch. Urlaub. Da ist jede Minute vor dem Rechner eine zuviel. Aber Wein wird natürlich weiterhin getrunken und über einen – ohne Zweifel besonderen – möchten wir hier dann doch kurz berichten. Mit dem S-LOW, einem ungeschwefelten Merlot-Cabernet, haben wir etwas Interessantes geschenkt bekommen („Schau mal: Sowas schonmal getrunken?“, „Ähm, ja…aber trotzdem danke.“). Der S-LOW ist ein französischer Bio-Rotwein, vegan dazu und frei von zugesetztem Schwefel (Sulfite), in einer mundgeblasenen Flasche aus einer Südtiroler Traditionsmanufaktur.

Gut, das mit der mundgeblasenen Flasche war Quatsch, aber der Rest stimmt. Ein Wein für Menschen, die auf der Suche nach einem ursprünglichen Genuss sind oder die einfach keinen Schwefel vertragen, solls ja geben. Aber leider hat Wein ohne Schwefel einen Haken: Er schmeckt nicht, zumindest mir und uns nicht. Während veganer Wein u.E. ja eine sinnvolle Sache ist, da es mittlerweile wohl schon einige sehr gute Alternativen zu tierischen Präparaten gibt, ist zumindest mir noch kein leckerer schwefelfreier Wein untergekommen. „Kein leckerer“ ist in diesem Zusammenhang ein seeehr freundliche Umschreibung. Aber man ist ja offen für Neues und bildet sich nicht so rasch Pauschalurteile, also wird frohgemut auch dieser Bio-Rotwein ohne Sulfite geöffnet und neugierig probiert.

S-LOW: langsam, alles klar! Aber was genau?

Schon die Farbe des S-LOW Merlot Cabernet – Jahrgang 2015 übrigens – ist etwas irritierend: ein stumpfes Lila, dessen nicht vorhandenes Schimmern stets eine leichte Ahnung von braun in sich trägt. Hört sich vielleicht schon so an, als hätten wir im Vorhinein bereits unser Urteil gebildet, stimmt aber nicht. Die Farbe ist wirklich eher unappetitlich, aber dafür macht dieser Rote schöne Schlieren. Aber wir geben freilich nichts auf Äußerlichkeiten und nähern uns mutig mit der Nase und machen die nächste denkwürdige Erfahrung: Der S-LOW riecht dicht, leicht fruchtig (Hagebutte?) und herb. Dabei hat dieser Wein ohne Schwefel eindeutig etwas Animalisches: „läufiger Hase“ wurde in den Raum geworfen. Dabei waren wir uns zwar nicht ganz so sicher, wie läufige Häsinnen riechen, aber so ähnlich muss es wohl sein. Insgesamt riecht der S-LOW zwar nicht lecker, aber auch nicht total schlecht – eher ungewöhnlich und interessant.

Das erste, was mir in den Sinn gekommen ist, als ich diesen schwefelfreien Wein probiert hatte, war: staubig! Innerhalb von Millisekunden ist der Gaumen absolut trockengelegt. Eine respektable Leistung, aber nicht unbedingt das, was man von einem Glas Wein erwartet. Irgendwo findet sich auch ein leichtes Zitrusaroma und im Abgang entwickelt der S-LOW ein wenig Schärfe und Bitterkeit. Und dann sind da noch irgendwelche abgefahrenen Aromen, auf die wir jedoch beim besten Willen nicht kommen.

Das Weinwonne-Fazit: Ein Hoch auf Sulfite!

s-low schwefelfrei

Der S-Low ist nicht gänzlich unsüffig, aber doch eine Herausforderung, möchten wir meinen. Mit Begriffen wie harmonisch muss man hier erst gar nicht kommen. Spannend tuts vielleicht. Uns hats auf jeden Fall nicht geschmeckt, selten war etwas so klar. Das ist ein Wein für abenteuerlustige Gestalten, denen es Freude bereitet, dass sie sich Sachen zu Gemüte führen, die andere Menschen schaudern lassen. Wenn du dazu eine andere Meinung hast, sind wir gespannt, sie zu hören!

Kosten tut der Spaß übrigens halbwegs erschwingliche 6,30 Euro. Kaufen kannst du den S-LOW bspw. bei Amazon:

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Wir freuen uns über weitere Erfahrungsberichte!!

6 Gedanken zu „S-LOW Rotwein ohne Schwefel – schmeckt das?“

  1. Ich persönlich verstehe ja die Weinwelt hinsichtlich der Kennzeichnungspflicht bezüglich der Inhaltsstoffe nicht wirklich. Es gibt -zig Stoffe, die teils nicht ganz unbedenklich sind, die aber auf der Flasche nicht weiter erwähnt werden müssen. Nur der Schwefel muß -neben dem Allohol- genannt sein, obwohl das eigentlich der Stoff ist, der aus meiner Sicht bzw. nach meinem Kenntnisstand am allerwenigsten kritikwürdig ist. Und das Kopfweh nach der ein oder anderen Flasche Wein kommt – wie mittlerweile allgemein bekannt sein dürfte- auch nicht vom Schwefel, sondern eher von den Histaminen.
    Viel Erfahrung habe ich auch nicht mit ungeschwefeltem Wein. Zwei absolut positive Beispiele -aber auch recht polarisierende- findet man hier:
    https://ec1962.wordpress.com/2015/07/09/schmutzige-theodora/
    https://ec1962.wordpress.com/2016/06/15/untypisch/
    Und ein ziemlich Schlechtes ist der Wein Nummer 6 hier:
    https://ec1962.wordpress.com/2016/05/01/7-weinrunde-in-um-muenchen/
    Das war’s auch schon, also Zweidrittelmehrheit zugunsten der Genußware. Soweit ich mich erinnern kann, zumindest.
    Also wenn’s paßt, dann kann der Winzer von mir aus den Schwefel weglassen, einen wirklichen Mehrwert sehe ich persönlich darin aber nicht. Im Zweifelsfall tendiere ich eher dazu, den Wein -wenn auch nur geringfügig und möglicherweise erst bei der Füllung- zu schwefeln, weil das in der Regel der Stabilität des Weins eher zuträglich ist.

    • Ich glaube, Du hast mit Deiner Histamin-Einschätzung recht. Dennoch wird Schwefel, obwohl selbst kein Allergen, zur Allergen-Gruppe gezählt, da er Unverträglichkeiten und auch in seltenen Fällen sog. pseudoallergische Reaktionen auslösen kann. Deshalb ist die Kennzeichnung seit 2005 verpflichtend ( > https://weinwonne.de/2015/02/05/wein-und-schwefel-eine-gute-kombination/ ). Aber ich bin selbst natürlich auch kein Experte auf diesem Gebiet.

      Bei meinen praktischen Erfahrungen ist das Verhältnis leider umgekehrt: von den 3 ungeschefelten Weinen, die ich bisher getrunken habe (u.a. im Alentejo > https://weinwonne.de/2015/11/10/alentejo-wein-und-unendliche-weiten/ ) war für mein Geschmacksempfinden nur ein erträglicher dabei. Und erträglich bedeutet in diesem Fall auch nicht wirklich lecker, sondern eher interessant. Etwas, was mit Genuss zu tun hat, ist mir in diesem Zusammenhang bisher nicht untergekommen … aber ich lass mich gerne überraschen.

      Und wenn ich die Beschreibung bspw. der Theodora lese (feuchter Keller, Streichholzreibefläche), würde ich fast wetten, dass ich auch davon kein Fan wäre 🙂 wobei ich ihn gerne mal probieren würde. Ich nehme an, Du schätzt an einem Wein v.a. das Herausfordernde, Außergewöhnliche. Das finde ich natürlich auch spannend, es steht bei mir jedoch nicht immer an erster Stelle. Bei meinem halbwegs-Positivbeispiel, wenn man es so nennen mag, handelte es sich übrigens auch um einen Weißwein.

      • Das ist sicher richtig, daß ich gerne und beständig auf der Suche nach neuen Geschmackserlebnissen bin. Allerdings ist deswegen noch lange nicht alles gut, was neu und ungewohnt ist. Nun ist es auch so, das z.B. „feuchter Keller“ bei mir kein per se positiv belegtes Aroma ist, aber wenn die Intensität und / oder die Kombination stimmt, kann das echt lecker und nicht nur „interessant“ sein. Zumindest nach meinem Geschmacksempfinden. Aber in allererster Linie muß der wein Spaß machen, das geht mit einem „schmutzigen“ Wein wie der „Theodora“ genauso wie mit einem ganz profanen, aber guten Riesling, Sylvaner oder sonstwas aus konventioneller Produktion.
        Aber Geschmack ist ja zum einen höchst subjektiv und bei vielen Menschen gibt es auch eine recht fixe Prägung, wie etwas schmecken muß, bei Abweichungen von dieser Erwartungshaltung hat das entsprechende Nahrungs- / Genußmittel dann von Haus aus keine Chance. Das geht dann häufig soweit, daß ein eigentlich guter Wein abgelehnt wird, weil er z.B. nicht rebsortentypisch schmeckt.
        Gut, daß die Weinwelt so vielfältig ist und eigentlich jeder was darin finden kann…

  2. Ich war auch eher skeptisch, als ich die ersten schwefelfreien Weine zugesandt bekam. Aus Chile, von einem Weingut, dass sehr früh auf Bioweine umgestellt hatte und sich auf das Experiment eingelassen hat. Und ich war total überrascht: Eine untypische Fruchtexplosion (die das Sulfit verhindert) machte dennoch Spaß, insbesondere der Syrah gefiel mir gut.
    Und etwas später probierte ich vom Spitzenwinzer Jean Gardies den „Je cherche le ciel“, ein reiner Mourvèdre ohne Sulfite ausgebaut: Exzellent!
    Mal wieder zeigt sich: Man braucht die richtigen Winzer und dann gelingen auch ungewöhnliche Experimente. Dennoch plädiere ich nicht für die Abschaffung der Sulfite – aber sulfitfrei ist ein interessantes Projekt!

  3. M. E. unverzichtbar: Der „Schwefel“ im Wein ist als Zusatz genauer Schweflige Säure/Sulfit (HSO3-) bzw. Schwefeldioxid (SO2). Die Funktion ist in erster Linie antioxidativ, d. h. das Sulfit wird zum Sulfat, dem Salz der Schwefelsäure, oxidiert und dabei bleiben Farb- und Aromastoffe des Weines verschont. Auch während der Gärung ist ein Zusatz von Sulfit sehr nützlich, um die Bildung von Fehlaroman zu verhindern. Das kann auch sehr gut bei Trockenfrüchten beobachtet werden. Ungeschwefelte Früchte haben nach Lagerung weder angenehmen Geschmack noch ansprechende Farbe. Beim Wein passiert das gleiche, wie ihr beobachtet habt. Höchstmengen Schwefel liegen je nach Ausbauart zwischen 150 und 400 mg/LIter Wein. Auch die Funktion als Konservierungsmittel macht die Weine erst haltbar. Ersatzstoffe wie Natamycin sind innerhalb der EU im Wein verboten und auch für Importweine (ist schon mal bei argentinischenj Weinen bekannt geworden)

    Deshalb haben so gut wie alle Weine Schwefel, und auch Schwefel-reduzierte Weine der besten Biowinzer haben immer noch zwischen 30 und 60 mg/Liter.

    Von meiner Seite ein eindeutiges Plädoyer für Wein-Schwefelung. Dass Schwefel die Bildung von Fehltönen verhindert, lässt sich auch hier nachlesen:

    http://www.wein-und-olivenoel-finden.de/#!aromafehler-im-wein/clr3

    Hier Allgemeines zum Schwefeln:

    http://www.weinkenner.de/weinschule/der-ausbau-des-weins/die-schwefelung/

    Viele Grüße,

    H. Casselmann

    • Ich stimme eigentlich voll zu, dennoch bleibt die Frage, warum einige Weine ohne Schwefelzusatz dennoch gut sind und auch noch halten. Möglicherweise ist einfach der natürliche Schwefelgehalt bei diesen (ausgesuchten) Weinen ausreichend hoch, um den gewünschten Effekt auch ohne zugesetzten Schwefel zu erreichen. Oder es gibt noch einen anderen Mechanismus, von dem ich nichts weiß. Letztlich gilt: Hauptsache es schmeckt. Dieses Ziel erreicht man aber auch meiner Meinung nach in den meisten Fällen nur mit angepaßter Schwefelung.