Demeter Weingut Zwölberich … 3 Fragen

Weinberg hinter dem Demeter Weingut Zwölberich. Das Schöne an den meisten Weinbaugebieten ist ja: das nächste liegt gleich um die Ecke. So haben wir uns kürzlich im schönen Rheingau in unser Vinomobil gesetzt und, schwups, einige Minuten später waren wir an der Nahe. Die Nahe ist ja bekanntlich ein Fluss, aber auch ein kleines, feines Weinbaugebiet. Auf unserer kleinen Nahetour haben dann wegen bereits bestehendem Kontakt auch einen kurzen Stopp beim Zwölberich gemacht. Das Demeter Weingut Zwölberich liegt in der kleinen Weinbau-Gemeinde Langenlonsheim zwischen Bingen am Rhein und Bad Kreuznach. Und dort liegt es recht idyllisch: am Ortsrand auf einem kleinen Hügel, direkt hinter dem Haus beginnen die Weinberge.

Empfangen hat uns Hartmut, Chef des Zwölberichs, der den heute 30 Hektar zählenden Traditionsbetrieb 1985 übernommen und kurze Zeit später auf bio-dynamischen Weinbau umstellte. Offensichtlich erfolgreich, wenn man sich vor Ort umsieht. Aber jetzt zu unserem 3 Fragen-Spiel…

Demeter Wein Zwölberich
Hartmut vom Demeter Weingut Zwölberich

Wein ist für mich…

…ein Lebensmittel. (kurze Pause…verwirrte Blicke…) Dazu gibt es auch eine Geschichte: Ich bin ’86 Papa geworden und in der Zeit habe ich mir sehr viele Gedanken um Ernährungsfragen gemacht. Das hat uns familiär zu Bio-Lebensmitteln gebracht. Mir wurde in der Zeit auch klar, dass wir für manche Menschen ein Luxusgetränk erzeugen, aber für uns selbst und für die Region hier ein Lebensmittel. Und wenn ich für mich Bio als Anspruch habe, dann kann ich meine Lebensmittel hier im Betrieb auch nur noch unter gleichen Ansprüchen herstellen, das war der Kick zum Bio-Anbau.

Ihr solltet meinen Wein kaufen, weil…

…weil er gut schmeckt, viel Spaß macht und es wahrscheinlich die schönste Möglichkeit ist, ein Stück Umweltschutz und Landschaftspflege zu betreiben. Das ist ja unser Steckenpferd: Wir haben durch die weiträumige Erziehung viele Begrünungen zwischen den Rebanlagen, was Lebensraum für Nützlinge ist. Wir haben Rebanlagen, in denen seltene Vögel nisten usw. Das können wir nur leisten, wenn es auch Leute gibt, die unseren Wein genießen.

[content-egg-block template=custom/all_offers_list]

Ich mache Demeter-Wein und nicht einfach Bio-Wein, weil…

…ich auf dem Weg vom konventionellen Anbau gemerkt habe, dass es mit Bio schon einen schönen Schritt gibt, dann aber gesehen habe, dass es auch in der Bio-Szene durchaus unterschiedliche Qualitäten gab. Das war so in der Zeit 1987/88/89. Damals war der Schritt in den Bioladen ja noch eine Überzeugungstat, vor allem auf dem Dorf und in der Kreisstadt. Bei uns war das auch noch ein ideologischer Bioladen mit Buddha und die Äpfel und Möhren waren schrumpelig. Aber immer wieder gabs dort auch sehr ansprechende Lebensmittel, saftiges Obst und Gemüse. Das war immer das Demeter-Obst. Da habe ich mich gefragt: was machen die anders als die anderen? Ich bin dann der Kette nachgelaufen, habe verschiedene Höfe besucht und dort die Demeter-Wirtschaftsweise kennengelernt. Ich habe mir gesagt, wenn das dort zu so guten Ergebnissen führt, will ich das auch im Weinbau ausprobieren.

Demeter Wein
…nachdem Lunes lange darum gebettelt hatte, durfte er das Interview führen (hat er auch ganz gut gemacht)

TLW: Also der Qualitätsaspekt stand im Vordergrund? Demeter hat ja auch eine wesentliche anthroposophische Komponente, da muss man ja auch irgendwie dran glauben… Ja, das ist eine spannende Frage. Reingekommen bin ich nur über die Qualitätsbeobachtungen und -erfahrungen, die ich gemacht habe. Anthroposophie ist keine Glaubensgeschichte. Man sollte nur Anthroposoph werden, wenn man das nicht einfach glaubt, sondern das auch hinterfragt und sich in diesem Bereich schult. Demeter-Bauern und Demeter-Winzer tun das meist nicht, indem sie Bücher lesen, sondern draussen Verfahren anwenden, hinterfragen, Erfahrungen sammeln, um so zu versuchen, hinter die Zusammenhänge zu kommen. Und so kommt man automatisch in den Bereich der Anthroposophie hinein.

Und was hat sich seitdem bei euch verändert? Ich hatte das Glück, dass mein Vater schon anders Weinbau betrieben hat. Wir haben schon seit den 50er Jahren Weitraumanlagen und Begrünung zwischen den Reben. Den ganzen Druck des Unverständnisses von den Kollegen, den hat mein Vater schon abgekriegt. So hat man später bei mir den Schritt zum Biologischen beobachtet, aber nicht mehr weiter kommentiert. Wir haben hier 1992 etliche Probleme mit Spätfrösten gehabt. Da haben wir in den Talsenken mehrfach erleben können, dass bei gleicher Rebsorte nebeneinander der Silvaner vom Kollegen erfroren war und unser Silvaner gerade so überlebt hatte. Dann kamen auch die Kollegen und sagten: da muss ja doch irgendwas dran sein, an dem, was du da so machst…und so ging das weiter. Wir sind heute sehr akzeptiert. Aber es fehlt bei vielen Leuten der Schritt weiter zu gehen Richtung Bio, einfach deshalb, weil der Bio-Winzer während der Vegetation an seinen Rebstock gebunden ist. Wenn ich heute irgendein Kräuterextrakt oder Gesteinsmehl gestäubt habe und heute Nacht gibt’s ein Gewitter, dann ist das abgewaschen und ich muss es übermorgen wieder aufbringen. Der konventionelle Kollege hat einfach den Vorteil, wenn er seinen Cocktail gesprüht hat, weiß er wie lange die Wirkdauer ist und kann dann bspw. auf Weintour gehen, damit seine Ökonomie stimmt. Ansonsten ist das, was wir hier machen, schon recht anerkannt. Wir hatten gerade wieder Probiertage, da kamen auch die Kollegen aus dem Ort, um zu schauen, was wir so auf den Tisch gestellt haben.

Wir stehen ja auf Bio und Nachhaltigkeit, haben aber auch ehrlich gesagt ne kleine Esoterik-Allergie…gleichzeitig ist das aber auch ein spannendes Thema. Dass der Mond Einfluss auf die Natur hat, ist ja unumstritten, aber die Sache mit den Kuhhörnern… Das geht mir aber genauso. Als ich Demeter für mich entdeckt habe, war die erste Hürde für mich, dass z. B. das Horn-Kiesel-Präparat, was ein halbes Jahr in der Erde als Quarzmehl im Horn gereift ist, angewendet wird in der Form, dass man einen Fingerhut voll davon, etwa 10 Gramm, in 40 Liter Wasser einrührt und diese 40 Liter Wasser auf ein Hektar Fläche versprüht bzw. ganz fein vernebelt…konnte ich mir damals nicht vorstellen, dass das irgendeinen Effekt hat. Aber wenn ich etwas mache, dann will ich wissen, was das für einen Effekt hat – ich bin kein Dogmatiker. Zuerst bin ich dann hingegangen und habe gesagt: ne, das mache ich nicht. Dann habe ich einen Weinberg hinterm Haus in 7 Bereiche eingeteilt. In 3 Reihen habe ich den Kiesel angewendet, so wie es nach Demeter sein soll, dann 3 Reihen keine Anwendung, dann wieder 3 Reihen Kiesel usw. Dann habe ich noch ein wenig mit dem Kiesel gespielt: Die klassische Anwendung ist, dass das Kiesel-Präparat morgens versprüht wird, weil es die morgendlichen, aufsteigenden Kräfte mitbeeinflussen soll.

Die letzte Kieselung geschieht zur Reifezeit, da geht man eher abends raus, weil sich die Natur dann schon zurückzieht. Wir haben es bewußt extra umgedreht, weil ich wissen wollte, ob es da einen Unterschied gibt. Aber lange Rede, kurzer Sinn: Die feststellbaren Unterschiede hinsichtlich Säure und Oechsle waren vielleicht statistisch nicht haltbar. Aber ich habe beim Durchgehen durch den Weinberg gesehen, dass es Unterschiede gibt. Wir haben hier an der Nahe oft sehr trockene Perioden und die gekieselten Reben standen in solchen Zeiten vitaler da. Auch an der Traubenfärbung hat man es gesehen: Diese Trauben sind früher in eine Goldreife gelangt. Dann habe ich noch Schnittproben in ein Labor geschickt, welches die Möglichkeit hat, mit bildschaffenden Methoden die Vitalkräfte sichtbar zu machen. Da wird das Substrat mit einer Art Löschblatt aufgesogen, trocknen gelassen und dabei Bilder gemacht – manche sind bunter und vielfältiger, andere eher monochrom und eintöniger. Andere Labore messen auch feinste Ströme, jedes Lebensmittel hat auch Strom…und da gibts auch Unterschiede. Ein nahrhafter, spritziger Apfel bspw. führt mehr Strom als ein weniger nahrhafter. Auf jeden Fall hat das Labor immer treffsicher die gekieselten Varianten – obwohl die nicht als solche gekennzeichnet waren – als spritziger markiert.

Waren das denn unabhängige Labore oder Einrichtungen, die Demeter bzw. den Steinerschen Gedanken nahestehen? Das Schweizerische Labor ist eines, das den Steinerschen Ideen nahesteht, das aber für viele Bereiche arbeitet. Das Labor, das mit elektrischem Strom arbeitet, ist eine herkömmliche, naturwissenschaftlich arbeitende Einrichtung. Auch die haben die Unterschiede festgestellt. Das war mich dann der Kick: Ja, du verstehst zwar nicht, was da passiert, aber du weißt, es macht etwas aus. Und so sind wir Schritt für Schritt weiter gegangen. Aber die Kiesel-Geschichte geht mir noch am leichtesten ein. Im Kiesel ist ja Silizium, ein Informationsträger, den wir auch in Handys, Computern usw. nutzen. Aber das alles kann man besser nachfühlen, wenn man es tut, als wenn man drüber redet.

Wein gabs auch auf dem Demeter Weingut Zwölberich…

Natürlich haben wir während des Gesprächs (wer ganz genau aufgepasst hat, wird gemerkt haben, dass es mehr als 3 Fragen waren, aber wir sind ja nicht kleinlich) auch Wein getrunken, mit trockenen Kehlen wird ja jede Unterhaltung irgendwann mühsam. Das wusste auch Hartmut und hat gleich zu Beginn zwei Besonderheiten aufgetischt: Auxerrois. Eine vergleichsweise seltene Rebsorte, von der Hartmuts Familie 1958 alte Bestände „gerettet“ und den Anbau fortgeführt hat.

In den 1980ern durfte man aus den Auxerrois-Reben keinen Qualitätswein (sondern nur Tafelwein) mehr machen, weil die Rebsorte aus der Sortenliste geflogen ist. Nach rund zehnjährigem Engagement mit Unterschriftensammlung und Co ist es aber gelungen, die Wiederaufnahme zu erreichen und so den Auxerrois zu erhalten. Hartmut erzählt, dass Winzer*innen, die Auxerrois neu anlegen, meist vorbeikommen und Proben mitnehmen, um zu schauen, was man aus dieser Rebsorte machen kann…

Was man daraus machen kann, halten wir für durchaus vorzeigbar… aber eins nach dem anderen. In unsere Gläser bekommen wir zwei verschiedene Auxerrois‘ eingeschenkt (beide Weine sind übrigens vegan): einmal den aktuellen Jahrgang, Auxerrois Qualitätswein trocken, und einen 2013er Auxerrois Guldentaler Rosenteich Alte Reben Spätlese trocken. Ohlala…

Auxerrois Weingut Zwölberich Demeter

Zuerst haben wir den „normalen“ Auxerrois des Demeter Weingut Zwölberich probiert, der ein dezent-fruchtiges, eher säurearmes Bouquet vorwies. Die Frucht findet sich in angenehmer Weise im Wein wieder, v.a. Grapefruit, garniert mit einem zurückhaltenden, aber präsenten Honigaroma. Schöne Kombi. Der Auxerrois ist frisch und lecker, fruchtig, aber nicht zu süß, und zeigt auch eine, joa, sagen wir mal: mineralische Komponente. Runde Sache und ein toller Sommerwein mit spritziger, aber unaufdringlicher Säure. 11,80 € kostet der Spaß.

Jetzt die Alten Reben, die wirklich alte Reben sind: sie sollen aus dem ursprünglich „geretteten“ Weinberg von 1958 stammen (die Reben des QbA-Auxerrois wurden 1998 gepflanzt). Der Unterschied zum „einfacheren“ Auxerrois besteht darin, dass sie sehr lange auf der Maische liegen und im Anschluss mindestens ein halbes Jahr auf der Feinhefe verbringen, erzählt Hartmut. Und dann ist es so, dass diese alten Weinstöcke höchstens 2.800 bis 3.500 Liter pro Hektar hervorbringen – rund ein Drittel der maximal zulässigen Höchstmenge für Qualitätswein in Deutschland.

Riechen tut dieser feine Bio-Auxerrois schon mal spannend. Und: Boah, der ist wirklich lecker. Mineralisch, mit einer dominanten Honignote und feiner Frucht, vielleicht ist auch etwas reife Melone dabei. Der erste war schon nicht schlecht, aber bei dem Auxerrois Alte Reben wirken die Aromen viel tiefgründiger und umspielen in komplexerem Auftritt sowie mit einer ganz anderen Intensität Zunge und Gaumen, die dann freilich nach mehr verlangen. Daraus wird aber nix, denn mit 29 Euro ist das ein teurer Spaß, der – auch wenn der Preis gerechtfertigt sein mag – unser Weinbudget überschreitet. Aber für besondere Anlässe, wer weiß.

Zum Abschluss gabs dann noch ein Schlückchen von dem 2014er Weißburgunder – feinherb. Der sollte eigentlich trocken werden, aber die Hefen haben schlapp gemacht, dann wurde er eben so abgefüllt. Macht überhaupt nichts, denn dieser Bio-Weißburgunder präsentiert sich so als angenehm fruchtiger und nebenbei spritziger Sommerwein, der Trinkspaß verspricht… Kein Erlebnis im Sinne der vorangegangenen Auxerrois‘, aber eine prima Limo-Alternative für heiße Tage.

Sehr schön: Die paar Weine, die wir auf dem Demeter Weingut Zwölberich in Langenlonsheim probiert haben, haben uns gut gefallen und Hartmut war ein aufgeschlossener, freundlicher Gastgeber. Können wir also empfehlen, dort mal vorbeizuschauen oder einen der leckeren Auxerrois‘ zu testen. Und das sogar trotz unser Anthroposophie-Skepsis…aber was schmeckt, schmeckt…und Kuhhörner vergraben tut ja niemandem weh… (naja, der Kuh vielleicht)

Lunes_Weinberg_Zwölberich
Lunes pinkelt

Alle Bilder: Weinwonne

2 Gedanken zu „Demeter Weingut Zwölberich … 3 Fragen“

  1. Moin Sascha,
    du hast einen tollen Artikel geschrieben, jetzt haben bestimmt noch ein paar mehr Menschen verstanden, das sie mit Demeter Wein die beste Wahl treffen.
    Übrigens den Herrn Zwölberich habe wir auch schon mal bei einer Weinprobe bei F-J kennengelernt.
    Alles was er berichtet hat, habe ich auch so ähnlich empfunden, es ist schon was dran, an dem was sich der Dr. Steiner ausgedacht hat.
    Ich wollte Dir nur sagen, diese Geschichte hast du gut geschrieben, es war alles drin, was rein gehört. Mach weiter so, Schweppenhausen ist nur ein paar km weiter. Gruß vom bremerseefahrer

  2. Na, ich bin nach wie vor skeptisch, was die Wirkungsmechanismen so mancher der Steinerschen Methoden angeht. Mir gefällt aber der pragmatische Ansatz der Zwölbericher. Und die Auxerrois (was ist davon eigentlich die Mehrzahl?) klingen schon verdammt gut. Kenne ich bis jetzt im Wesentlichen vom Bodensee…