Riesling und Grauburgunder vom Nil?

Wein vom Nil? Und dann auch noch ein Grauburgunder und ein Riesling? Aber hallo! Genau das erwartet euch heute. Bzw. hat uns vor ein paar Tagen erwartet, als das ebenfalls erwartete Päckchen mit den beiden Flaschen via Postkutsche bei uns eintraf.

Na gut, der Wein kommt gar nicht aus Ägypten, auch nicht aus Ruanda und Burundi, wo die Quellen des Nils liegen, ebenso wenig aus Tansania, Uganda und (Süd-)Sudan. Sondern: aus der Pfalz, nämlich vom Kallstädter Weingut am Nil. Ein Name, der neugierig macht. Noch nie gehört? Liegt vielleicht daran, dass das durchaus traditionsreiche Weingut (vormals Eduard Schuster) erst seit seinem Besitzerwechsel 2010 diesen Namen trägt.

Woher der Name? Daher: Nil ist nämlich ein Teil einer Pfälzer Weinbergslage (mit dem stilechten Namen Saumagen) – ganz einfach. Auf ein Nilpferd als Symbol des Weinguts wurde aus Traditionsgründen allerdings leider verzichtet – der „Kallstädter Löwe“ ziert weiterhin die Weinflaschen-Etiketten- in schickem Lila! Tradition trifft Moderne, mal schaun, wie das geschmacklich interpretiert wurde.

Bei den beiden Flaschen, die gut gekühlt und geduldig auf unserem Tisch auf ihre Bestimmung warteten, handelte es sich um zwei Gutsweine – also die Einstiegsweine des Weinguts am Nil, die allerdings auch erst ab 8,50 € (Riesling) bzw. 9,50 Euro (Grauburgunder) die Besitzer*innen wechseln. Für einen Einstiegswein ein ordentlicher Preis.

Weingut am Nil: Riesling 2015

Zuerst haben wir den Riesling geöffnet, der mit üppigen 13 Volumenprozent (Nachtrag: stimmt nicht – wir wurden darauf aufmerksam gemacht, dass der Nil-Riesling doch nur 12 %vol hat…da hat sich wohl jemand verguckt…hüstl…) immer noch ein wenig alkoholärmer daherkommt als der Grauburgunder (13,5 %vol). Als 2015er Riesling ist es noch ein junger, frischer Wein – und genau das war auch der erste Eindruck, den er auf unsere neugierigen Nasen gemacht hat: frisch, spritzig, zitrusfruchtig und lecker. Auch ansonsten ist das Bouquet reich bestückt: neben Zitrone und Grapefruit wurden auch grüner Apfel und Pfirsich als Fruchtaromen entdeckt – eine Person fühlte sich gar an einen aromatisierten Drink erinnert. Auch blumige und mineralische Noten wurden ausgemacht. Insgesamt ein vielversprechender Riesling.

Interessant war dann die heiß erwartete Geschmacksprobe – die einige Menschen aus der Trinkgesellschaft verdutzt dreinblicken ließ. Denn geschmacklich unterscheidet sich der Weingut am Nil Riesling unseres Erachtens schon sehr merklich vom Bouquet. Der feshe Eindruck blieb zwar bestehen, aber der Riesling zeichnete sich dann durch eine unerwartete Milde bei eher mäßigem Kohlensäureanteil (bei gleichzeitig präsenter Säure) aus. Trotz seiner 13 Umdrehungen wurde dieser Pfälzer Weißwein durchweg als eher geschmacklich leicht empfunden. Das mag auch, trotz einer ebenfalls vorhandenen säuerlichen Komponente, an dem süßen, sehr fruchtbetonten Aroma gelegen haben: Zitrus, kandierter Pfirsich und Bitterorange prägen das Bild. Ein etwas anderer, bei mäßiger Spritzigkeit dennoch gefälliger Riesling, der den meisten Awesenden geschmeckt hat – wobei sich ebenfalls die meisten den Riesling am besten zu einem Essen oder kleinen Snacks und weniger als erfrischenden Solowein vorstellen konnten.

Weingut am Nil: Grauburgunder 2015

Nachdem es sich bei dem Riesling u. E. nicht um einen typischen Vertreter handelt, waren wir natürlich sehr gespannt auf den Grauburgunder vom Nil-Weingut. Und tatsächlich merkt man die Handschrift des Weinguts deutlich: beide Weine sind stilistisch sehr ähnlich. Das Bouquet besticht wieder durch seine Frische, zu der sich beim Grauburgunder Pfirsich und Honig gesellen. Insgesamt lecker, aber etwas unspritziger als der Riesling.

Geschmacklich ist der Grauburgunder nicht ganz so fruchtbetont aufgebaut, dafür etwas mineralischer – deutlich kommen hier schwere Steine zum Vorschein. Auch hier umtanzt eine leichte Bitternote die Zunge. Etwas fordernder im Geschmack als der Riesling, da waren wir uns einig – vielleicht aber auch etwas interessanter – auf jeden Fall Geschmackssache. Wegen seines tendenziell schweren Abgangs ist der Grauburgunder nicht ganz so süffig, sondern empfiehlt sich eher zum langsamen, genussvollen Nippen – sofern man sich denn von der Machart angesprochen fühlt.

Riesling und Grauburgunder vom Pfälzer Weingut am Nil – das Weinwonne-Fazit

Zwei interessante Weine, keine Frage. In unserer Runde kam der Riesling deutlich besser an – was freilich nicht bedeutet, dass der Grauburgunder schlecht war. Gut gemacht sind sicher beide. Wer für einen warmen Frühlingsabend einen süffigen Weißwein für eine gesellige Runde sucht, dürfte bei diesen beiden, fast schon elegant-mediterran wirkenden Vertretern aus der Pfalz womöglich an der falschen Adresse sein. Wer auf eine geschmackliche Entdeckungsreise durch Riesling- und Grauburgundergefilde gehen möchte, um mal zu schauen, welche Vielfalt diese Rebsorte bietet, kann oder sollte mal einen Blick auf das Weingut am Nil werfen.

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Abschließend noch das Übliche: Wir haben die Weine zum Probieren und Beschreiben zugeschickt bekommen. Weder ist Geld geflossen, noch bestehen irgendwelche Absprachen, die ein günstiges Abschneiden der Weine in unserem Weinmagazin zum Inhalt haben.

4 Gedanken zu „Riesling und Grauburgunder vom Nil?“

  1. Hört sich doch ganz interessant an! Weine mit Alleinstellungsmerkmalen sind die Drogen, die mir am meisten Spaß machen, weniger die, die schmecken wie „…“
    Deshalb finde ich den „typischen Riesling“ gar nicht so interessant. Wobei ich mir die Frage stelle: „was ist das eigentlich?“. Schließlich heißt es ja vom Riesling, daß er in Bezug auf das Terroir, auf dem er wächst, sehr wandlungsfähig ist. Und das stimmt meiner Erfahrung nach auch, bei Blindproben tue ich mich mit Rieslingen daher häufig besonders schwer.
    Den hier hätte ich auch nie als solchen erkannt:
    https://ec1962.wordpress.com/2015/11/23/sudtiroler-exot/
    Es spricht übrigens aus meiner Sicht eher für das Weingut, wenn auch der Einstiegswein „seinen Preis hat“.

    • Ja, interessant waren die beiden Nil-Weine allemal.
      Aber ich persönlich finde es auch schön, wenn ich bspw. Lust auf einen Riesling habe, etwas Rieslingtypisches im Glas wiederzufinden 🙂
      …aber kommt ja auch immer auf die Situation an.

        • öhm…gute Frage – nächste Frage!
          Hm, ich denke, mit rieslingtypisch meine ich v.a. meine persönliche Rieslingvorliebe, wenngleich ich da sehr offen bin.
          Aber ich mag schon spritzige Rieslinge, bei denen sich die fruchtigen und mineralischen Anteile in Waage halten. Und wenns zu wenig Kohlensäure hat, dann enttäuscht das bspw. oft meine Rieslingerwartung…wie gesagt, persönliche Vorliebe.

          Wirklich toll war diesbezüglich unser Besuch beim Weingut Tesch, das ja fast nur trockene Rieslinge hat, deren Unterschiede allein in den jeweiligen Lagen liegen. Sehr unterschiedlich und interessant. Haben mir auch fast alle (sehr) gut geschmeckt: https://weinwonne.de/2015/11/04/weingut-tesch-riesling-ist-king-was-sonst/