Der Zugang zum Wein verläuft – sofern nicht ein entsprechendes Vorwissen oder eine feste Kaufabsicht besteht – zunächst einmal auf der visuellen Ebene. Bei einer größeren Auswahl an, sagen wir mal trockenen Rotweinen, wird dann zu der Flasche gegriffen, die am sympathischsten wirkt bzw. am ehesten das verkörpert, was man sich geschmacklich von dem Rotwein verspricht. Dem wird offensichtlich auch immer mehr Bedeutung beigemessen, wenn man sich mal die ganzen Weinetiketten anschaut. Häufig bewegt sich die Etikettengestaltung zwischen künstlerisch-modern und irgendwas mit Tieren. Mit dem Aromaz Finca la Canada haben wir heute wieder ‚irgendwas mit Tieren‘ – und zwar einen auf einem Ästchen sitzenden Specht. Tiere gehen ja in der Werbung bekanntlich immer. Wobei dieser Specht nicht süß, stark oder flippig daher kommt, sondern irgendwie ernst und ein wenig old-school.
Erinnert an die colorierten Zeichnungen aus alten Tierbüchern bzw. -lexika… kennt die noch jemand? Was will uns nun ein Specht auf dem Weinetikett sagen? Ein Hammerwein? Wer den Wein kauft, ist behämmert? Wir wissen es (noch) nicht, wollen diese überaus wichtige Frage jedoch für einen weiteren, sicher bereichernden Exkurs nutzen. Denn der Specht ist doch sicher auch ein Symbol für irgendwas…wir haben mal nachgeschaut und sind fündig geworden: Esoterisch veranlagte Menschen sehen im Specht ein Krafttier, dessen rhythmisches Hämmern und Klopfen den Herzschlag symbolisiert. Das Krafttier Specht sei ausdauernd, emotional und bisweilen auch nachtragend. Oha. Eine andere Quelle meint zu wissen, dass der Specht Mut verkörpere und als Überbringer von Gaben zu sehen sei. Interessant, letzteres trifft ja unbestritten zu. Wollen wir hoffen, dass es sich bei dem Finca la Canada Aromaz 2012 um eine gute Gabe handelt. Und geschmacklich ausdauernd und emotional darf dieser spanische Rotwein auch gerne sein. Den Rest schenken wir uns mal…
Aromaz Finca la Canada: Riechen tut er schon mal gut …
Bei dem Aromaz des in der Weinregion Tierra de Castilla gelegenen Weinguts Finca la Canada handelt es sich um einen trockenen, reinsortigen Tempranillo, der mit seinen 13 Volumenprozent eine angenehme, aber nicht überladene Schwere verspricht. Ein sechsmonatiger Aufenthalt im Barrique inklusive. Tatsächlich haben wir nach dem ersten Schnuppern eine leichte Alkoholnote in der Nase. Das ist aber nicht weiter schlimm, da sie höflich den intensiveren Düften nach Holz, roten Beeren, wie man so schön sagt, Heu und vor allem Vanille Platz macht. Vielversprechend.
Und erfreulicherweise findet sich all das auch im Geschmack wieder: dicke Vanillenote, angenehme Holz- und Ledernote, frisches Heu und ein guter Klecks Brombeermarmelade. Keine Wuchtbrumme, was aber in dem Fall auch gut ist, da so das Fruchtige besser raus kommt, wie wir finden.
Einziger Wermutstropfen: Anfangs gab es noch eine, wenn nicht dominante, dann aber doch präsente Bitter- oder Gerbstoffnote. Die hat sich aber erfreulicherweise schnell verflüchtigt – wir hätten den Aromaz Finca la Canada wahrscheinlich einfach früher öffnen sollen. Tja, sowas passiert bei spontanen Weinentscheidungen. Aber diesmal gibts keine großen Diskussionen: Ein angenehmer Wein, der im Verlauf des Abends immer besser wurde. Der Aromaz Finca la Canada schmeckt, ist süffig obendrein und das Schöne: Auch zwei Tage nach dem Öffnen riecht und schmeckt dieser spanische Tempranillo noch lecker – mehr beerig (mit diesmal prägnanter Sauerkirsche, die sich im Mund festsetzt), weniger vanillig. Können wir also uneingeschränkt empfehlen.
Finca la Canada Aromaz 2012: Lecker, aaaber…
Was ist nun mit dem Specht? Keine Ahnung, aber der Wein schmeckt. Wir sind uns uneins, ob wir – allein nach optischen Kriterien – zu dieser Flasche gegriffen hätten. Also nix gegen Spechte im Allgemeinen, aber… Jedoch ein schönes Beispiel, dass die Optik eben doch nicht alles ist, Geschmackssache eben. Eine andere Sache ist aber der Preis: Der Aromaz 2012 von Finca la Canada wird in den WWW-Weinshops, die wir angesurft haben, für 13,90 Euro gehandelt (aktuell aber ausverkauft). Nicht ganz billig also, aber dafür bekommt man auch einen hochwertigeren Wein, an dem man auch eins, zwei Tage später noch Freude haben kann. Was wir nebenbei erfahren haben: 90 Parker-Punkte soll dieser Wein laut allwissendem Internet bekommen haben – auf dem Etikett ist davon nichts zu finden. Sehr sympathisch, also noch ein Punkt für diesen Wein bzw. die dahinter stehenden Menschen. Andere Weine mit ähnlichen Wertungen des vergötterten Weinmarketingprofis Parker zieren gleich riesige Banner, um den punkteliebenden Leuten zu erklären, was ihnen schmeckt und was nicht…
Und last but not last: an dieser Stelle nochmal ein kleiner Verweis auf unseren ultimativen Weintipp – denn auch diesen Rotwein haben wir geschenkt bekommen! War eine gute Idee, schönen Dank!
Quellen: orakel.org, traumdeutung-traumsymbole.de, vicampo.de, navinum.de
Bilder: Weinwonne