Elektronische Zunge „schmeckt“ die Weinqualität

Yuchu! Ein weiteres Gerät, das uns Menschen überflüssig macht… Forscher*innen der University of South Australia haben eine technische Anwendung entwickelt, die die Qualität sowie das Alter eines Weines akkurat beurteilen soll, wie das Magazin New Scientist berichtet. Auch die Frage, ob der Wein in amerikanischen oder französischen Eichenfässern gereift ist, soll beantwortet werden können. Aufgrund ihrer Funktion wurde sie elektronische Zunge getauft – Ähnlichkeit mit einer Zunge dürfte das Gerät allerdings nicht haben. Schade eigentlich.

Nun nimmt die elektronische Zunge einer*m noch nicht das Weintrinken ab. Aber womöglich bald das Wein testen: Setzt sich diese Technologie durch, müssen sich künftig die armen Weinexpert*innen nicht mehr in wahren Verkostungsmarathons durch dutzende bis hunderte Weine quälen, sondern können sich zurücklehnen und den Vinobot die Arbeit machen lassen. Ob das Teil später mal wirklich so heißt, sei dahingestellt (Name steht hiermit zum Verkauf), aber das Grundprinzip dürfte damit ungefähr beschrieben sein. Es soll objektive Aussagen über die Weinqualität treffen können, bevor Weine in den Verkauf gehen.

Elektronische Zunge erstellt einzigartigen Fingerabdruck eines jeden Weins

Die Gold-, Platin- und Kohlenstoff-Elektroden der elektronischen Zunge messen die elektrochemischen Signale der im Wein enthaltenen Inhaltsstoffe, wie Zucker und Phenole. Diese Signale übersetzt das Gerät dann in einen einzigartigen „Fingerabdruck“ des Weins. Im Gegensatz zu bereits bestehenden Sensoren, die auf die Erfassung eines bestimmten Inhaltsstoffs ausgerichtet sind, soll die neue elektronische Zunge die gesamte Zusammensetzung eines Weines erkennen. „Sie imitiert den Prozess des Schmeckens, in dem die unterschiedlichen Eindrücke (süß, bitter, sauer, salzig und umami) vom Gehirn zusammengesetzt werden“, erklärt der Wissenschaftler Xavier Ceto, der an der Entwicklung beteilgt war.

Ganz ohne Menschen kommt die elektronische Zunge noch nicht aus: Sie wurde mit dem Knowhow von Sommeliers und Sommelières geimpft – um sie anschließend ersetzen zu können: So haben die Forscher*innen 52 Rotweine von Sommelier*es testen und bewerten lassen. Im Anschluss wurden diese Ergebnisse mit den Messungen der elektronischen Zunge auf ein Maß gebracht und ein Modell entwickelt, wie die Bewertungen anderer Weine durch die Weinexpert*innen exakt vorhergesagt werden können.

affee zunge

Tatsächlich sind elektronisch basierte Weinanalysegeräte keine neue Erfindung (auch ein Patent für eine „elektronische Zunge“ wurde schonmal angemeldet) . Nur der gesamte Funktionsumfang soll wohl neu sein. Aktuell ist die Maschine übrigens auf spanische Weine trainiert… dies lasse sich aber einfach ändern, so Ceto.

Entwarnung: Noch übernehmen die Maschinen nicht die Herrschaft

Da die Bewertungen der elektronischen Zunge auf den zuvor „zugefütterten“ Bewertungen der Weinexpert*innen beruhen, könne sie keinen „objektiven“ Geschmackstest liefern und daher auch nicht in Weinwettbewerben eingesetzt werden. So steht am Ende doch die gute (?) Nachricht, dass Geräte wie die elektronische Zunge wahrscheinlich niemals den menschlichen Geschmack exakt nachbilden können.

Heather Smyth von der University of Queensland erklärt: „Die menschlichen Sinne – Geruch, Geschmack, Berührung, Gehör und Sehen – arbeiten alle in einer sehr komplexen Weise zusammen, um Nachrichten an das Gehirn über die Qualität der von uns konsumierten Speisen und Getränke zu liefern. Gefühle, Psychologie, Erinnerungen und Erfahrungen beeinflussen alle diese Wahrnehmungen und wirken an unserem Geschmacksempfinden mit – dies wird wahrscheinlich kein Werkzeug ersetzen können.“

Hund Zunge

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