Die Sonne stemmt sich mit aller Macht gegen den heranrückenden Abend und verschafft dem Tag einen freundlichen und friedlichen Ausklang. Wenn das nicht allein Grund genug ist, eine schöne Flasche Wein zu öffnen, dann weiß ich auch nicht. Dieser außergewöhnlich schönen Form der Alltäglichkeit sind wir diesmal mit etwas Besonderem begegnet: prickelfeinem Prosecco und kräftig-herbem Montepulciano aus Italia. Che bel giorno!
Noch bei Sonnenschein wurde der SEI UNO Conegliano Valdobbiadene DOCG Prosecco Superiore Brut aus dem Hause Bellenda und dem Jahrgang 2015 geköpft – super Name, oder? Das in Venetien im Nordosten Italiens gelegene Weingut hat sich auf den doppelt vergorenen Traubensaft spezialisiert. Ein Blick auf die Webseite offenbart, dass sich Bellenda Gedanken um die Qualität sowie eine nachhaltige, umweltverträgliche Bewirtschaftung der Weinberge macht. Der Sei Uno ist aus Trauben der Rebsorte Glera gekeltert, ein reinsortiger Prosecco also. Die Glera-Traube, die v.a. im Nordosten Italiens wächst, war bis 2009 übrigens noch unter einem anderen Namen bekannt: Prosecco. Seitdem bezeichnet Prosecco keine Rebsorte mehr, sondern ist eine Herkunftsbezeichnung.
Die modern gestaltete Flasche gefällt uns auf Anhieb gut. Bei diesem Prosecco handelt es sich um einen Spumante, also einen Schaumwein. Im Gegensatz zu einem Prosecco Frizzante (Perlwein mit künstlich zugesetzter Kohlensäure), handelt es sich bei einem Spumante also um einen „echten“ Sekt bzw. Prosecco. Im Falle des Sei Uno zudem um einen aus traditioneller Flaschengärung. Mit seinen 11,5 Umdrehungen, einem Restzuckeranteil von 6,9 g/L und einem Säuregehalt von 6,27 g/L spielt der Sei Uno in einer Liga, für die sich die meisten Geschmäcker begeistern dürften.
Und tatsächlich: der Prosecco Sei Uno nimmt mit seinem spritzigen, frisch-fruchtigen Bouquet sofort die Nase und den dranhängenden Menschen ein. Es ist eine Freude, der wild tanzenden Kohlensäure zuzuschauen. Auch wenn es so scheint, als würde es niemals aufhören, währt es nicht lange, denn bei diesem Anblick muss man einfach schnell probieren. Im Mund explodiert dann die volle Ladung Kohlensäure und hinterlässt einen Eindruck vollendeter Frische, gepaart mit feinen, unaufdringlichen Fruchtnoten.
Hier (und nicht nur hier) unterscheidet sich dieser Prosecco Spumante von einem Prosecco Frizzante und anderen einfacheren Prickelweinen: der Sei Uno hinterlässt ein gaaaaanz langes und berauschendes Fruchtfinale, v.a. auf der Zungenspitze. Es ist, als ob sich tausend winzige Bläschen um die Zunge legen, beladen mit feinen Aromen, um eins nach dem anderen feierlich zu zerplatzen. Kann mich nur schwerlich zurückhalten. Der Sei Uno macht einfach Spaß und ist lecker!
Der Sei Uno ist rasch geleert, die Sonne ist untergegangen, dunkle Wolken ziehen auf und verleihen dem Dämmerhimmel eine düstere Scheckung. Der Montepulciano d’Abruzzo der Kellerei-Kooperative Citra liebt offensichtlich den dramatischen Auftritt. Die feinen, dünnen Schlieren, die der knallbordeauxrote Rotwein im Glas zieht, unterstreichen das. In der Nase zeigt sich der Bisanzio hingegen einladend: mittelkräftig und -fruchtig, eine würzige Note von mariniertem rohen Fleisch und eingerahmt von einer glatt-kalten Atmosphäre riecht dieser Montepulciano aus den mittelitalienischen Abruzzen durchaus interessant und lecker.
Der erste Geschmackseindruck entspricht dem Bouquet, doch dann zündet die Tanninrakete: Während sich der Wein im Mund langsam von einer Sauer- zu einer Süßkirsche wandelt (ein kleines Pfläumchen ist auch dabei), erlangen die gerbigen Noten eine kräftig-herbe Präsenz, die den Bisanzio sicher markant, aber auch zu nicht jedermenschs Sache machen.
In der Weinbeschreibung ist von ausgewogenen Tanninen die Rede, diese Ansicht teile ich nicht. Die leicht grün wirkenden Tannine, die an zerkaute Traubenhaut und -kerne erinnern, sind schon kräftig (nicht im Sinne von schwer) und etwas bitter – kein Wunder, lagen die handgepflückten Trauben doch lange auf der Maische, wie der Hersteller betont. Aber, und das ist das Gute: Sie dominieren den Wein nicht, so dass auch die anderen Aromen bestehen bleiben. Dies macht den würzig-fruchtigen Bisanzio Montepulciano d’Abruzzo zu einem guten Wein für alle, die es forte mögen – quasi ein Rotwein für die Jever-Trinker*innen.
Den Bisanzia Montepulciano d’Abruzzo gibt es für günstige 5-6 Euro im Internet, wobei man für den 2016er Jahrgang etwas suchen muss. Gleiches gilt für den Prosecco Sei Uno, für den man allerdings 12 – 15 Euro hinlegen muss. Frühere Jahrgänge der beiden Weine sind in Deutschland leichter zu finden.
Wir haben die beiden Weine unaufgefordert zum Probieren und Beschreiben zugeschickt bekommen. Weder ist Geld geflossen, noch bestehen irgendwelche Absprachen, die ein günstiges Abschneiden des Weins in unserem Weinmagazin zum Inhalt haben. Der Artikel gibt ausschließlich unsere Meinung wieder.
Nur so als Ergänzung zum Prosecco Spumante. Euer Exemplar besitzt nicht nur Flaschengärung, sondern auch eine Lagenbezeichnung, „Rive di Carpesica“, was zumindest zusätzlich auf den gehobenen Anspruch der Kellerei hinweist. Bellenda ist sicher kein Produzent von Billigheimer Prosecco.
Für den Fall, dass ihr mal einen Montepulciano d’Abruzzo mit tatsächlich ausgewogenen Tanninen versuchen wolltet, würde ich euch denselben von Masciarelli anempfehlen; der liegt mit um 9 – 10 €uronen allerdings schon deutlich über der Basis von Citra.
Danke für den Montepulciano-Tipp…werden wir mal probieren, wenn wir ihn irgendwo sehen.