Das Geheimnis des Wein-Aromas

Jede Rebsorte zeichnet sich durch ein besonderes Aroma aus. Wie die Aromabildung genau vonstatten geht, ist aber noch gar nicht abschließend geklärt. Einen Beitrag zur Aufhellung dieses Geheimnisses haben vor kurzem Wissenschaftler*innen der TU München, der Hochschule Geisenheim und der Universität Bonn geleistet – mit „möglicherweise weitreichenden Folgen für die Entwicklung neuer Rebsorten.“ Ui.

Schon bekannt war, dass die sog. Terpene – eine große Gruppe chemischer Verbindungen – für das jeweilige Aromaprofil, also den sortentypischen Geschmack, eines Weines verantwortlich sind. Die Zusammensetzung und der Anteil der Terpene bestimmen also, ob ein Wein bspw. eher fruchtig oder eher würzig schmeckt. Terpene sind übrigens auch der Hauptbestandteil der in Pflanzen produzierten ätherischen Öle und wesentlicher Bestandteil vieler Kosmetikartikel.

Hilfe, mein Wein schmeckt nach Terpentin

Schlechtes Wortspiel beiseite, weiter mit harten Fakten: In dem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Kooperationsprojekt haben die Wissenschaftler*innen laut eigener Aussage den Mechanismus für die Aromabildung in Weintrauben identifiziert: Demnach zeichnen sich zwei bestimmte Enzyme dafür verantwortlich, wie hoch der Terpenanteil – also die Aromaintensität – in Weintrauben ist. Die Terpen-Verbindungen finden sich v.a. in der Haut der Weintrauben, wo sie mit zunehmendem Reifungsgrad zunehmen. Wie viel Terpen sich in den Weintrauben anreichert, hängt entscheidend von äußeren Faktoren ab, beispielsweise von der Sonnenscheindauer oder der Bodenbeschaffenheit.

Aber es gibt ein „Problem“: Terpene sind nur dann aromaaktiv, wenn sie frei vorliegen. D.h., sie können nur dann etwas zum Aroma beitragen, wenn sie von der Pflanze nicht gebunden werden, wie Prof. Wilfried Schwab vom TUM-Fachgebiet Biotechnologie der Naturstoffe erklärt: „Im Stoffwechsel der Pflanze werden die Terpene biochemisch verändert – üblicherweise durch die Anlagerung von Zuckermolekülen ‚glykosyliert’. In dieser gebundenen Form sind die Terpene allerdings nicht mehr aromaaktiv.“ Prof. Schwab verweist auf die Riesling-Trauben, in denen nur 20 Prozent der Terpene in freiem Zustand vorkommen. Genau diese biochemischen Grundlagen der Terpen-Glykosylierung, also der Bindung und Inaktivierung der Aromastoffe, haben die Froscher*innen genau unter die Lupe genommen – und dabei die eingangs erwähnten zwei Enzyme entdeckt, die die Zuckergruppen auf die verschiedenen Terpene übertragen.

Züchtung neuer Rebsorten mit mehr Aroma denkbar

Enzyme, Terpene, Universität…unambitionierte Weinliebhaber*innen können diese verwirrenden Begrifflichkeiten natürlich gleich wieder vergessen, spielen sie doch im Alltag keine Rolle und im Party-Smalltalk geht man anderen mit solch einem Wissen auch eher auf die Nerven. Dennoch sind die Ergebnisse und die sich daraus möglicherweise ergebenden Folgen interessant: Die neuen Erkenntnisse könnten bei der Weiterentwicklung von Rebsorten eine wichtige Rolle spielen, so die Wissenschaftler*innen.

Die Gruppe um Prof. Schwab hat damit nach eigener Aussage „einen grundlegenden Mechanismus gefunden, der für die Züchtung neuer oder die Veredelung bekannter Rebsorten relevant sein könnte.“ So könnten Züchter*innen gezielt solche Rebstöcke auswählen, die besonders armoaintensive Trauben hervorbringen, da ihr Genprofil einen hohen Anteil an freien Terpenen erwarten lasse. Prof. Schwab: „Eine wichtige Stellschraube sind dabei die Zucker-übertragenden Enzyme. Wenn die Pflanze wenig Enzym herstellt, bedeutet das zugleich eine geringe Aktivität. Die Folge: Die aromaaktiven Terpene reichern sich in der Weintraube an.“ Nun müssen die Genprofile der bekannten Rebsorten ermittelt werden – und schon könnte es losgehen…schöne neue Wein-Welt.

Quelle: Technische Universität München

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